Die Digitalisierung berührt immer größere Bereiche unseres Lebens. Damit steigt auch die Angriffsfläche für Internetdelikte, wie Esther Omlin weiss. Identitätsdiebstahl, digitale Erpressung und die Verbreitung von Kinderpornografie oder Malware gehören dazu. Big Data, Smart Homes und Cloud Computing lassen für die Zukunft einen weiteren Zuwachs erwarten. Welche Angriffsziele haben die Täter und welchen Arten von Straftaten werden dabei eigentlich verübt?
Staatsanwältin Dr. iur. Esther Omlin beantwortet uns folgende Fragen:
Was ist Cyberkriminalität?
Was ist Cyberkriminalität als Begehungsmethode?
Was ist ein Identitätsdiebstahl?
Wie wichtig ist Malware bei der Cyberkriminalität?
Welche sexualbezogenen Delikte gehören zur Cyberkriminalität?
Wie sieht die Entwicklung in der Zukunft aus?
WAS IST CYBERKRIMINALITÄT?
Cyberkriminelle Handlungen können unterschiedlich definiert werden, wie Esther Omlin erklärt. Zum einen gibt es einen Katalog an allgemeinen Straftaten, die völlig unabhängig vom Internet verübt werden können. Das betrifft zum Beispiel den Kreditkartenbetrug oder das Verbreiten von kinderpornografischem Material. Diese Taten gelten dann als Cybercrime, wenn sie mit Hilfe des Internets ausgeführt werden. Zum anderen gibt es spezifische Delikte, die ausschließlich an das Internet gebunden sind. Computer-Hacking und der Einsatz von Malware sind dafür gute Beispiele.
Alle Taten, bei denen gestohlene Identitäten im Internet eingesetzt werden, zählen zur Cyberkriminalität.
Omlin fügt hinzu, dass sich Cyberstraftaten in zwei Kategorien einteilen lassen. Sogenannte „opportunistische Attacken“ haben keine spezielle Person oder Institution als Angriffsziel. Es handelt sich um eine grossflächige Attacke beispielsweise durch das Streuen von Spy-und Schadsoftware. Die Opfer der Tat ergeben sich zufällig – beispielsweise durch Schwachpunkte bei den Sicherheitsmassnahmen. Bei „gezielten Attacken“ wird das Opfer bewusst ausgewählt. Das ist häufig bei Datendiebstahl in Wirtschaftsunternehmen oder Behörden der Fall.
WAS IST CYBERKRIMINALITÄT ALS BEGEHUNGSMETHODE?
Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) wird seit dem Jahr 2010 bundesweit um die Sondererkennung „Tatmittel Internet“ ergänzt. Wie Staatsanwältin Esther Omlin ausführt, werden viele klassische Straftaten wie Betrug, Sabotage und Hehlerei längst umfangreich per Internet verübt. Um einen statistischen Überblick über die Verbreitung von Cyberkriminalität zu erhalten, stellt sich die Frage nach der Zuordnung. Zählt ein Betrug beim Online-Banking zu Betrug oder Cyberkriminalität? Um hier so klare statistische Werte wie möglich zu erhalten, wird zwischen der Art des Delikts und ihrer Begehungsmethode unterschieden. So lässt sich statistisch genau zuordnen, welche Straftaten mit dem Tatmittel Internet erfolgen. Folgende typische Delikte stehen mit dem Internet als Begehungsmethode in Verbindung:
Computerbetrug (Art. 146 StGB)
(betrügerisches Erlangen von Kraftfahrzeugen, Betrug mittels rechtswidrig erlangter Daten von Zahlungskarten, Kreditbetrug, Leistungskreditbetrug, Betrug mittels rechtswidrig erlangter sonstiger unbarer Zahlungsmittel, Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen und Überweisungsbetrug)
Abfangen und Ausspähen von Daten sowie Datenhehlerei (Art. 143bis StGB und Spionagedelikte)
Fälschung beweiserheblicher Daten sowie Täuschung im Rechtsverkehr bei Datenverarbeitung (Art. 143bis StGB)
Computersabotage (Art. 144bis StGB)
missbräuchliche Nutzung von Telekommunikationsdiensten (Art. 179 StGB und BÜPF)
WAS IST EIN IDENTITÄTSDIEBSTAHL?
Jede Person, die das Internet nutzt, hat eine sogenannte „digitale Identität“. Sie besteht aus der Summe personenbezogener Daten, die aus der Internetnutzung entstehen. Dazu gehören:
Bankdaten
Handelsdaten bei E-Commerce und Onlineaktien
Kommunikationsdaten (Messengerdaten, E-Mails)
Berufsspezifische Daten durch Zugriff auf unternehmensinterne Informationen
Diese Daten werden gestohlen und können danach für diverse Zwecke eingesetzt werden. Oft werden die Daten einfach weiterverkauft. Sie können aber auch zur direkten Bereicherung des Täters eingesetzt werden, beispielsweise beim Online-Banking. Staatsanwältin Omlin rät dazu, stets auf größtmöglichen Sicherheitsschutz der eigenen Computer zu achten. Sichere Passwörter und Virenprogramme sind unerlässlich, um sich o gut es geht vor Datendiebstahl zu schützen.
WIE WICHTIG IST MALWARE BEI DER CYBERKRIMINALITÄT?
Esther Omlin weist darauf hin, dass Identitätsdiebstahl und weitere Straftaten aus dem Bereich der Cyberkriminalität meistens mit Malware gesteuert und ausgeführt wird. Unter dem Begriff Malware werden alle Arten von Schadsoftware zusammengefasst. Dazu gehören Trojaner, Viren, Würmer, Spyware und Ransomware. Durch derartige Attacken können Computer oftmals von einem fremden Computernetzwerk gesteuert werden. Man spricht hierbei von Botnetzwerken. Die Vorgehensweisen und Straftaten unterscheiden sich jedoch.
Phishing:
Nutzerdaten werden durch E-Mails, Chats und gefälschte Websites abgefangen und im Privatbereich für den Missbrauch von Bezahldaten (Bankonten o. Ä.) eingesetzt. Im Wirtschaftsbereich werden sensible Firmendaten gestohlen.
Doxing:
Intime, gestohlene Daten werden öffentlich gemacht, um einer Personen zu schaden.
Cash-out:
Netzwerkattacken erfolgen auf Geldautomaten und Transaktionsprozesse einer Bank.
Ransom-Attacken:
Die Malware sabotiert das Computersystem oder zerstört Dateien und ganz Netzwerke, um Lösegeld in Form von Kryptowährung zu erpressen.
DDoS-Attacken:
Die Server oder Cloudsysteme von großen Unternehmen wie Paypal, Amazon oder RWE werden mit Datenanfragen überschwemmt, die zum Zusammenbruch der jeweiligen Plattform führen sollen.
WELCHE SEXUALBEZOGENEN DELIKTE GEHÖREN ZUR CYBERKRIMINALITÄT?
Omlin listet recht unterschiedliche Delikte mit sexuellem Bezug im Zusammenhang mit Cyberkriminalität auf. Sie alle sind strafbar.
Verbreitung von Kinderpornografie:
Pornografisches Material mit Personen, die ein kindliches Erscheinungsbild haben, wird über das Internet verbreitet. Die Schwere dieser Straftat hängt von der Darstellungsart ab. Das Material kann Kinder in Unterwäsche zeigen oder auch sadistische Handlungen.
Cyber-Grooming:
Erwachsene schleichen sich unter falscher Identität in Online-Netzwerke ein, die von Kindern genutzt werden. Ziel ist es, von den Kindern Fotos oder Videos zu erhalten, die eine sexuelle Ausprägung haben.
Cyber-Stalking:
Social-Media-Profile, Telekommunikationsdienste und andere Internetkanäle werden genutzt, um einer Person beharrlich nachzustellen, sie zu belästigen oder zu bedrohen.
WIE SIEHT DIE ENTWICKLUNG IN DER ZUKUNFT AUS?
Omlin sieht die Gefahr, dass in naher Zukunft die Bedrohung durch Cyberkriminalität noch steigen wird. Das „Internet of Things“, der Trend zum Smart Home und auch Big Data schaffen immer mehr Angriffspunkte für die Internetkriminalität. Außerdem sollte jeder auf Malware-Schutz beim eigenen Smartphone achten. Gerade Bezahlfunktionen per Smartphone sorgen dafür, dass die mobilen Endgeräte immer stärker in den Fokus der Täter geraten, gibt Esther Omlin zu Denken.
Omlin Strafrecht: Untersuchungen & Expertisen
Esther Omlin
Habsburgerstrasse 16
6003 Luzern
Schweiz
E-Mail: esther.omlin@omlin-strafrecht.ch
Homepage: https://www.omlin-strafrecht-untersuchungen-expertisen-beratung.com/
Telefon: +41 (0) 41 220 21 92
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